Herzlichen Glückwunsch, Jimmy Somerville, zum nun bereits 60. Geburtstag. Aus dem am 22. Juni 1961 im schottischen Glasgow geborenen „Smalltown Boy“ wurde ein weltberühmter Popstar, virtuoser Sänger und sehr erfolgreicher Musik-Produzent. Im Jahre 2021 ist Jimmy Somerville nicht nur ein sechzig Jahre alter, sondern auch ein sehr reicher Mann. Vor ein paar Jahren sprach ich den Gründer der Popband Bronski Beat in einem Interview für Queer.de auf sein Alter und Vermögen an.
Niedermeier: Ist Jimmy Somerville ein reicher Mann?
Somerville: Ich bin zufrieden, muss nicht darüber nachdenken wie ich mein Leben finanziere, das ist sehr komfortabel. Ich habe immer genug zu essen und eine Wohnung in Brighton und London. Gehöre mitnichten zu den Superreichen und ich pflege eher einen sehr gewöhnlichen Lebensstil, ich brauch nicht soviel und war noch nie eine verschwenderische Person. Arbeiten muss ich für mein Inneres, ich würde durchdrehen, wenn ich keine Musik mehr machen dürfte.
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So sympathisch der Disco-Liebhaber, so bescheiden ist der vermögende Jimmy Somerville auch. Über Altersarmut muss sich Jimmy Somerville an seinem sechzigsten Geburtstag also wirklich keinen Kopf machen. Beim besagten Interview sprach ich Jimmy Somerville bereits 2015 auf sein hohes Alter an und verglich den Schotten mit der hohen Stimme um die Ecke mit US-Superstar Madonna. Intelligent parierte Somerville meine rhetorisch-blöde Frage politisch sehr korrekt und beklagte Sexismus und Altersdiskriminierung, kritisierte aber auch die Oberflächlichkeit des Popuniversums sowie dem Jugendkult innerhalb der kommerzialisierten Popkultur harsch.
Niedermeier: Du bist in etwa genauso alt wie Madonna, diese beklagte sich nach ihrem Sturz bei den letzten Brit Awards über Altersdiskriminierung, wie siehst du das?
Somerville: Es ist immer dasselbe. Im Speziellen für Frauen. Das Traurige ist, das Madonna keine gewöhnliche Frau sein darf. Dasselbe bei Kylie Minogue, beide sind in einem sexualisierten Image gefangen. Madonna spreizt in Videos noch immer ihre Beine bis hinterm Hals. Warum kann sie nicht einfach eine Sängerin sein? Womöglich weil Madonna gar keine Sängerin ist, erst recht keine großartige Sängerin, alles ist auf das Visuelle ausgerichtet. Es ist sicherlich schwierig für Frauen sich der Sexualisierung von Außen zu entziehen, es gibt aber Künstlerinnen, die das geschafft haben. Wenn man eine Sexmasche bis ins reife Alter durchzieht, nehmen die Leute zunehmend Anstoß daran.
Niedermeier: Etwas Ähnliches konnte man innerhalb der Schwulenszene zu deiner Person beobachten: Warum wird es älteren Künstlern zum Vorwurf gemacht, dass sie ihren Beruf ausüben?
Somerville: Ja, das ist verrückt. Dahinter verbirgt sich eine dumme, uninteressante Denkweise. Ich habe doch das Recht, weiterhin Musik zu machen, weil ich es gerne tun möchte. Ich habe die Freiheit dazu und es bleibt meine Entscheidung. Die Gay-Szene selbst ist ebenfalls sehr visualisiert und sexualisiert und auch Altersdiskriminierung kommt häufig vor: Wenn Schwule älter sind, werden sie bereits durch die Art wie die Szene sich gibt, regelrecht zum Verschwinden aufgefordert. Aber das Hauptproblem ist, dass immer mehr Lesben und Schwule offen in der Gesellschaft leben, diese aber sehr wenig Unterstützung aus der sehr jung orientierten Szene erfahren. Da fehlt es an Bewusstsein und solidarischen Strukturen. Da gibt es noch viel zu verbessern.
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