Das Musiktheater im Revier steht unter seinem Generalintendanten Michael Schulz für Musiktheater mit gesellschaftspolitischer Relevanz. Die Zusammenarbeit mit Volker Lösch, einem der streitbarsten und politischsten Regisseure im deutschsprachigen Raum, war da nur eine Frage der Zeit. Zumal Autor Ulf Schmidt dem Musiktheater im Revier schon lange verbunden ist, das Schalke Oratorium sowie den Text zu „Krabat“ (Uraufführung: 5. Juni 2022) schrieb, und auch regelmäßig mit Volker Lösch zusammenarbeitet.
Gelsenkirchen/Pressemitteilung/ Musiktheater im Revier Volker Lösch und Ulf Schmidt entwickeln das musiktheatralische Projekt „Stadt der Arbeit“ mit und für Gelsenkirchen. Wo sonst als in genau der Stadt, die in Politik und Presse fast ausschließlich – wenn es nicht gerade um Fußball geht – als die mit der höchsten Arbeitslosenzahl erwähnt wird, wären die Überlegungen zu Wesen und Sinn der Lohnarbeit besser aufgehoben?
Das Musiktheater im Revier stellt Menschen aus Gelsenkirchen, die sonst nur in der Statistik erscheinen, seine Bühne im Großen Haus zur Verfügung. Volker Lösch und Ulf Schmidt geben ihnen eine Stimme. Und das nicht nur im Kollektiv als Bürger*innen-Chor, sondern auch mit ihren ganz individuellen Geschichten. Eine Form des dokumentarischen Theaters, die es bei den Inszenierungen von Volker Lösch so noch nicht gab. Ehrliche und schonungslos offene Erzählungen, in denen die Menschen hinter den Zahlen sichtbar werden. Nicht als Betroffenheitskitsch, sondern mit einer gehörigen Portion Wut wie auch Ironie und dem unbedingten Willen, sich endlich Gehör zu verschaffen – nicht nur als Fall im Jobcenter. Eingebettet werden diese Geschichten in eine Story, in der Gloria Iberl-Thieme, und als Gast der Schauspieler Glenn Goltz als gnadenlose Fallmanager die Handlung antreiben. Die Sopranistin Petra Schmidt als „Labora“ und der musikalische Allrounder Sebastian Schiller als „Dromus“ sind ein höchst ambivalentes göttlich-teuflisches Paar, das die Überlegungen zur Lohnarbeit auf eine höhere Ebene bringt. Nicht zuletzt sind sie es, die mit Arien und Songs von Wolfgang Amadeus Mozart über Hanns Eisler bis zu aktuellen Pop- und Rock-Nummern die „Stadt der Arbeit“ zum musikalischen Theater machen – gemeinsam mit einer um eine Bläsersektion erweiterten Band und unter der musikalischen Leitung von Michael Wilhelmi.
Arbeitsleben und künstlerische Reflexion: „Brüll mich an, mach mich zur Sau“, steht auf einem Motiv zur Uraufführung von „Stadt der Arbeit“ im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen.
Ist Lohnarbeit sinngebend? Ist Vollbeschäftigung möglich? Und ist sie überhaupt gewollt? Oder braucht Deutschland vielleicht Gelsenkirchen und die Gelsenkirchner*innen, um sich im Rest der Republik etwas besser fühlen zu können?
Weitere Informationen, Tickets und Aussichten unter: www.Musiktheater-im-Revier.de
Termine
Stadt der Arbeit
ein musiktheatralisches Projekt mit Gelsenkirchener Bürger*innen
von Volker Lösch und Ulf Schmidt
Uraufführung:
Samstag 25. September 2021, 19.30 Uhr Großes Haus des Musiktheater im Revier
Weitere Vorstellungen:
- 03. Oktober 2021
- 16. Oktober 2021
- 17. Oktober 2021
- 24. Oktober 2021
- 28. Oktober 2021
- 29. Oktober 2021
- 1. November 2021
Besetzung
Inszenierung: Volker Lösch
Text: Ulf Schmidt
Musikalische Leitung und Arrangements: Michael Wilhelmi Bühne und Kostüm: Carola Reuther
Mitarbeit Kostüm: Samira Khadraoui
Sounddesign: Albrecht Ziepert
Mit Gönül Aktürk, Gerhard Cremer, Glenn Goltz, Gloria Iberl-Thieme, Rüdiger Jagsteigt, Vera Krause, Sandra Kroll, Claus Laven, Aref Mahayni, Jacqueline Murenz, Rabea Mögle, Uwe Olschewski, Sabine Repkewitz-Salomon, Sebastian Schiller, Sylvia Schlomski-Hinze, Petra Schmidt, Martina Siech, Karol Szafirowski, Hendrik Willems
Biografien
Volker Lösch gehört zu den profiliertesten Regisseuren des Gegenwartstheaters und hat bisher über 80 Inszenierungen realisiert (davon 2 Opern), u. a. in Basel, Berlin, Bern, Bonn, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Essen, Freiburg, Graz, Hamburg, Leipzig, Montevideo, Mannheim, Salzburg, Stuttgart, Weimar, Wien und Zürich. Er arbeitet in seinen Inszenierungen häufig mit Profis des jeweiligen Schauspielensembles und Vertreter*innen von unterschiedlichen sozialen Gruppen. Von 2005 bis 2013 war er Hausregisseur und Mitglied der künstlerischen Leitung am Staatstheater Stuttgart. 2006 wurde Volker Lösch für den deutschen Theaterpreis DER FAUST nominiert, 2009 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. 2013 hat er den renommierten Lessingpreis des Landes Sachsen erhalten. Neben seiner Theaterarbeit unterrichtet er an Theaterhochschulen im In- und Ausland.
Ulf Schmidt studierte Theaterwissenschaft, Literatur und Philosophie in München, Paris und Frankfurt am Main. Nach dem Studium arbeitete er als Rettungsassistent in Frankfurt, engagierte sich im Betriebsrat und promovierte währenddessen über „Platons Schauspiel der Ideen“. Im Anschluss absolvierte er eine Fortbildung zum Werbetexter, arbeitete in einer Digitalagentur als Texter und Konzepter. Als Theaterautor wurde er 2002 zum Stückemarkt des Theatertreffens eingeladen, seit 2008 werden seine Texte auf Bühnen deutschlandweit gespielt. Zentrale Themen seiner Arbeit sind die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung sowie die Ökonomisierung der Gesellschaft. Darüber hinaus organisiert und konzipiert er zusammen mit der Heinrich Böll Stiftung und dem Theaterportal nachtkritik die jährlichen „Theater und Netz“-Konferenzen in Berlin. 2012 versteigerte er die Uraufführungsrechte seines Finanzkrisentextes „Schuld und Schein. Ein Geldstück“ auf eBay. Den Zuschlag erhielt das Metropoltheater in München, wo es seit Juli 2013 preisgekrönt und mit zahlreichen Gastspielen läuft.
2014 gewann er den Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts mit „Der Marienthaler Dachs“, der im September 2015 am Volkstheater Wien uraufgeführt wurde. Ulf Schmidt lebt und arbeitet als freier Theaterautor, Publizist und Digitalberater in Berlin. Für das MiR schrieb Ulf Schmidt das Libretto des Schalke-OraTORiums „Kennst du den Mythos…?“.
Michael Wilhelmi studierte Mathematik, Logik und Philosophie an der Universität Leipzig, später Klavier/Jazz/Komposition an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Seit Oktober 2004 unterrichtet er dort Improvisation für Dirigierstudenten. Seit 2001 entwickelt er mit der «Controller-Band» Steuerungssoftware für elektronische Musik und konzertiert mit selbiger im In- und Ausland. Seit 2005 ist er künstlerischer Leiter des Festivals «TASTEN – Berliner Klaviertage». 2009 gründete er das interaktive Ensemble und initiierte die Konzertreihe «NewOpenForm», zugleich entwickelte er die gleichnamige online Kompositionssoftware. Seit 2011 entwickelt er eine eigene Kompositionssoftware, basierend auf dem IRCAM-Programm catArt. Er gewann verschiedene Wettbewerbe, war u.a. Finalist bei der Dutch Jazz Competition, erhielt den Förderpreis des Berliner Senats 2002, den 1. Preis für Interpretation beim Wettbewerb «Hanns-Eisler-Preis» in Berlin, 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb für junge Kultur in Düsseldorf. Seit 2001 wirkte er bei zahlreichen Rundfunkaufnahmen (WDR, RBB) mit, konzertierte auf diversen Festivals, u.a. Total Music Meeting 2006, dem North Sea Jazz Festival, Klavierfestival Ruhr, Jazz Festival Frankfurt 2009.